Lüdenscheid – Vorträge zu politischen und gesellschaftlichen Themen sind immer eine gewisse Wundertüte.
Das galt auch für die Veranstaltung mit dem israelischen Reiseführer Amos Awshalom, zu der die evangelische Christuskirchengemeinde am Dienstagabend eingeladen hatte.
Pfarrer Gremmels sagte: „Wir hatten keine Ahnung, wie viele Leute wohl kommen würden.“ Letzt-
lich reichten  die 40 aufgestellten Stühle bei weitem nicht aus. Jeder im Gemeindezentrum an der
Bahnhofstraße verfügbare
Stuhl wurde herbeigeschafft, um mehr als 100 Zuhörern Platz zu bieten.
Fast anderthalb Stunden verfolgen sie, wie Awshalom die Entwicklung der Beziehung zwischen Israel und den
arabischen Nachbarn und insbesondere zu den Palästinensern im eigenen Land seit der Staatsgründung erläu-
terte, und nutzten danach die Chance, noch weitere Fragen zu stellen.
Dabei ging der Referent immer wieder auch auf persönliche Beziehungen, Eindrücke und Hoffnungen ein. Er
berichtete von Arabern, mit denen er befreundet sei, äußerte sich kritisch über die jüdischen Siedler in den be
setzten Gebieten, die er für gefährlich und gewaltbereit halte, und erläuterte den Unterschied zwischen der
PLO als rein weltlicher, in ihrem Ursprung eher sozialistischer Organisation und der Hamas als islamistischer
Gruppierung. Letzteres sei der Grund, warum es keine friedliche Lösung des Konfliktes geben könne: „Mit der
Hamas kann man nicht reden.“ Awshalom verwies auf ein viel zitiertes Interview mit dem Sohn eines Hamas-
Führers, der sich inzwischen gegen die Terror-Organisation gestellt hat: „Israel muss die Hamas zerstören. Das
sind nicht nur Feinde Israels, sondern auch der Palästinenser und der ganzen westlichen Welt.“
Seitdem die Hamas die Führung in Gaza übernommen habe, herrsche dort eine „islamistische Militärdiktatur“,
die die Mehrheit der Bevölkerung nicht unterstütze.
Awshalom erzählte auch von den Hoffnungen auf allen Seiten Anfang der 1990er-Jahre: „Es war schön für mich
zu sehen, dass Yassir Arafat den politischen Weg zum Frieden gewählt hat.“ Damit hätten die Palästinenser erst-
mals Autonomie erhalten, es sollte ein Prozess hin zu einem eigenen Land werden. Aber nicht lange danach habe
die 2. Initifada begonnen, mit der schwer bewaffneten Hamas als Akteur, die zudem mit Selbstmordattentaten begonnen habe. „Auch die eigenen Zivilisten zählen für sie nicht“, betonte Awshalom.

BETTINA GÖRLITZER