Lüdenscheid – Auch bewährte Formate müssen mit der Zeit gehen, um attraktiv für
das Publikum und – auch das ist in Krisenzeiten mit stetig steigenden Kosten wichtig –
finanzierbar zu bleiben: Die Gemeindetage unter dem Wort in der Lüdenscheider
Christuskirche gibt es seit mehr als 45 Jahren und sie haben in diesem Jahr erneut ein
moderates Facelift erhalten. Nur noch für drei anstatt vier Abende wurden Referenten
eingeladen. Auch auf den Familiengottesdienst am Sonntag mit dem besonderen Pro-
gramm für Kinder wurde verzichtet. Stattdessen hielt Alexander Garth, Referent am
Samstagabend, auch die Predigt im Sonntagsgottesdienst in der Christuskirche.

Das Konzept ging auf: Drei Abende mit ganz unterschiedlichen Referenten und Musi-
kern lockten jeweils mindestens rund 150 Zuhörer in die Kirche. Dabei stach der Freitag-
abend noch einmal heraus, weil er gezielt ein jüngeres Publikum ansprach. Die Influen-
cerin – sie selbst bezeichnet sich lieber als Autorin oder Predigerin – Jasmin Neubauer
war die wohl jüngste Referentin in der Geschichte der Gemeindetage, wie Irmtraut Hu-
neke, Mitglied im Trägerkreis der Gemeindetage, anmerkte. Die Idee ging auf – im Pu-
blikum saßen ungewöhnlich viele junge Menschen, die hören wollten, was Jasmin Neu-
bauer über die Bedeutung des christlichen Glaubens für ihr Leben zu erzählen hatte.
Die 28-Jährige wiederum zeigte sich begeistert, „das erste Mal in so einem Gebäude
predigen zu dürfen.“ Bisher sei sie nur in Freikirchen unterwegs gewesen. Sie freute
sich außerdem über die Mischung aus jungen und älteren Gesichtern unter den Zu-
hörern.

Geboren als Tochter einer Iranerin und eines Deutschen sei sie, so berichtete Neubauer,
als „liberale Muslimin“ aufgewachsen. Die Trennung der Eltern, Mobbing-Erfahrungen
in der Schule und die Tatsache, dass ihre Mutter Christin wurde, hätten bei ihr zu Depres-
sionen und Wut geführt. Sie habe Ablenkung und Trost in Partys, Alkohol und Drogen
gesucht, als dies nicht mehr half, traten wiederholt Selbstverletzungen und Suizidgedan-
ken in ihr Leben. Als sie am absoluten Tiefpunkt angelangt sei, habe sie eher zufällig ei-
nen christlichen Song auf Youtube gehört. „Das war das erste Mal , dass diese Botschaft
in mein Herz gedrungen ist.“ Sie habe die Bibel „verschlungen“ und es sich zur Aufgabe
gemacht, die Botschaft von der Liebe Gottes zu verbreiten.

Mit Sätzen wie: „Wir müssen verstehen, dass wir es eigentlich nicht verdient haben, so
geliebt zu werden“, oder „Gott bezahlt die Schuld“, brachte sie schließlich theologische
Kernthesen auf den Punkt und betonte immer wieder: „Das ist so gut!“. Die zu ihren Aus-
führungen passende Musik boten Markus Obderbeck und Annika Kögler mit einer Aus-
wahl an Lobpreisliedern.

Pfarrer Rainer Gremmels, Vorsitzender des Trägerkreises der Gemeindetage, sagte an-
schließend über diesen Vortrag: „Als Pfarrer habe ich gedacht, da steckt ganz viel Theolo-
gie drin. Ich habe gestaunt, dass man so viel Theologie so einfach und eindrücklich nahe
bringen kann.“ Aber Jasmin Neubauer ist eben doch Influencerin, wie sich am Ende des
Abend zeigte: Etliche der jungen Zuhörer strömten zu ihr, um sich mit ihr zu unterhalten
und fotografieren zu lassen.

An den beiden anderen Abenden standen dagegen gestandene Theologen im Altarraum
der Christuskirche. Matthias Clausen, Professor für Apologetik, eröffnete die Gemeindetage
am Donnerstag unter dem Titel „Jesus = Zukunft“. Er gab seinen Zuhörern einige ganz kon-
krete Hinweise, wie sie gegenüber Skeptikern argumentieren können, um zu belegen, dass
Jesus wirklich auferstanden sei. Musikalisch untermalt wurde dieser Abend von der Band Sela.

Am Samstag sorgten einmal mehr Judy Bailey und Patrick Depuhl für die Musik. Der Referent
des Abends, Alexander Garth, sprach über das Thema „Kirche hat Zukunft mit Jesus“. Er ging
darauf ein, dass Menschen in einer Welt, die immer fragiler und komplizierter werde, nach Halt
und Orientierung suchen. Das sei eine große Chance der Kirche.